Therapie

Molekulare Bildgebung zeigt wahre Größe

Es ist der Blick über den Atlantik, der Prof. Fabian Kießling, Leiter des Lehrstuhls für Experimentelle Molekulare Bildgebung an der RWTH Aachen, optimistisch stimmt. Denn in Amerika hat die Molekulare Bildgebung mehr Möglichkeiten. Erst kürzlich wurden neue Tracer gegen Alzheimer in einigen Zentren als erstattungsfähig anerkannt, während in Europa die Entwicklung neuer Diagnostika weiterhin sehr schleppend verläuft.

Report: Brigitte Dinkloh

Double gated (breathing and ECG) simultaneous PET/MR measurement of a mouse...
Double gated (breathing and ECG) simultaneous PET/MR measurement of a mouse heart (four time bins). MRI gradient echo cine sequence with 3002 µm2 pixel size and 1 mm slice thickness. Both, left ventricle (LV) and right ventricle (RV) are visible in the PET images.
Quelle: Weissler, Schulz, et al. A digital PET/RF insert for preclinical PET/MRI applications, IEEE Trans. on Med. Im. DOI: 10.1109/TMI.2015.2427993
Univ.-Prof. Dr. Fabian Kießling
Univ.-Prof. Dr. Fabian Kießling

„Aber, das wird sich ändern“, ist sich Fabain Kießling sicher, „genau dann, wenn man realisiert, dass viele neue Therapien ohne eine ausreichende Personalisierung nicht funktionieren und der Einsatz molekularer Bildgebung hilft, Kosten und Ressourcen zu schonen.“

PET – in Zukunft schonender, schneller und intraoperativ

Die Molekulare Bildgebung ist längst keine Spielwiese einzelner Forscher mehr, ganz im Gegenteil: Inzwischen weiß man ziemlich genau, was funktioniert, und es wird intensiv daran gearbeitet, diese Anwendungen in die Klinik zu bringen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die PET, besonders die Hybridbildgebung mit MRT. „Lange dachte man, die PET sei schon am Zenit ihrer Möglichkeiten, aber dank der neuen Detektortechnologie mit volldigitalen Sensorarrays können die Tracer noch sensitiver detektiert und besser räumlich zugeordnet werden. Befördert wird das Verfahren weiterhin durch neue Geometrien, wie Ganzkörper-Scanner und die Entwicklung von neuen Streuberechnungsverfahren. „Das wird die Empfindlichkeit des Verfahrens weiter beflügeln“, so Kießling. In Zukunft wird nicht nur deutlich weniger radioaktive Substanz benötigt, sondern es wird auch schneller und damit deutlich kostengünstiger gescannt werden. So sieht er die MR/PET aufgrund des deutlich besseren Weichteilkontrasts auf Dauer zumindest an den Unikliniken fest etabliert.

Anknüpfend an die PET sieht Prof. Kießling auch in der Tscherenkow Bildgebung großes Potenzial. Dahinter steht die Idee, mit der PET-Bildgebung zunächst einen Tumorherd oder die Lymphknoten zu lokalisieren. Während der OP erlaubt es eine Kamera dann, das Areal anhand der Licht-Emission während der radioaktiven Zerfalls der Tracer in vivo zu detektieren. Das Verfahren wurde inzwischen so weit entwickelt, dass in New York bereits erste Patientenuntersuchungen geplant sind.

RöKo-Premiere mit Magnetic Particle Imaging (MPI)  

Besonders stolz ist Prof. Kießling auf die erstmalige Präsentation eines Bildes von einem Hybrid MR-MPI-Scanner. Seit Bernhard Gleich vor gut zehn Jahren die Magnetic Particle Imaging Methode erstmals publizierte, wurde intensiv weiter geforscht. Das Prinzip dabei ist es, dass kleine Eisenoxide bei periodischer Anregung in einem magnetischen Gradienten-Feld harmonische Verzerrungen aufweisen, die man messen und damit eine ganz schnelle hochsensitive Bildgebung durchführen kann. „Mit dem Hybrid MR-MPI-Scanner kann man zudem zwischen MR und MPI umschalten. Und so können quantitativ mit hoher Sensitivität kleine Eisenoxidnanopartikel im Körper visualisiert und dann in morphologische MRT-Bilder hybridisiert werden. Die Einsatzgebiete für den Hybrid-Scanner sind noch unter Erforschung, der erste klinische MPI Scanner ist in Hamburg aufgebaut worden und wird für die kardiovaskuläre Bildgebung, insbesondere für die schnelle Erfassung von Lungen- und Herzperfusion eingesetzt werden.

Die photoakustische Bildgebung für Oxygenierung, Perfusion und Sentinel-Lympknotendetektion

Vor allem die Bestimmung des Sauerstoffgehalts im Gewebe, dynamisch und ohne jedes zusätzliche Kontrastmittel, ist eine sehr interessante Anwendung der photoakustischen Bildgebung. „Auf diese Weise kann man Gewebe, das wenig mit Sauerstoff versorgt ist, detektieren, charakterisieren und Therapieeffekte beobachten. Anwendungen findet das Verfahren in der Onkologie, bei Herz-Kreislauferkrankungen, Muskelperfusionsstudien und entzündlichen Erkrankungen“, so Kießling. Zudem kann der Anwender einen Fluoreszenzfarbstoff spritzen, um die Gewebeperfusion und Permeabilität der Gefäße zu messen, oder um Sentinel-Lymphknoten zu detektieren. Es seien primär diese einfachen Anwendungen, die vermehrt getestet werden sollten, weil sie klinisch mit vorhandener Technik schnell umgesetzt werden könnten.

Molekulare Sonographie: Aus 2 mach 1

Im Bereich des Molekularen Ultraschalls arbeitet der Forscher daran, neue Indikationen für das erste molekulare Kontrastmittel mit targetspezifischen Mikrobläschen zu entdecken. Zudem ist es ihm gelungen, mit nur einer Kontrastmittelgabe in einer frühen Messung Perfusion und relatives Blutvolumen zu bestimmen und einer späteren Messung die molekulare Information über den VEGFR-2-Rezeptor  zu erhalten. „Bei der Differenzierung von Brustkrebs konnten wir zeigen, dass die molekulare Information der funktionellen deutlich überlegen ist. Das ist sehr vielversprechend und wir arbeiten mit Hochdruck in Richtung einer klinischen Umsetzung.


PROFIL
Univ.-Prof. Dr. Fabian Kießling folgte 2008 dem Ruf der RWTH Aachen für eine W3-Universitätsprofessur auf den Lehrstuhl für Experimentelle Molekulare Bildgebung. Kießling war langjähriger Sprecher der Arbeitsgruppe Methodik und Forschung der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) und seit 2011 gehört er dem Research Board der European Society for Radiology (ESR) an und war 2015 Chairman das ESR Molecular Imaging Subcommittees. In 2014 und 2015 war er Co-Chairmann des Kongresses der European Society for Molecular Imaging (ESMI) und 2016 wird er Chairman des “World Molecular Imaging Congress (WMIC)” sein.

14.05.2015

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