Artikel • Röntgen

Digital ist nicht gleich digital

Das digitale Röntgen hat inzwischen in nahezu allen Praxen und Kliniken Einzug gehalten und natürlich auch die Lehrpläne der MTRA-Schulen verändert. Analoges Röntgen wird nur noch rudimentär gelehrt, um die Grundlage der digitalen Radiographie zu verstehen.

Dabei gibt es für die angehenden MTRA viel zu beachten: Welches digitale Detektorsystem verwende ich und wie funktioniert es? Wie interpretiere ich das Bild und wozu brauche ich den Dosisindikator? Auf all diese Fragen weiß Ute Zillmann, Leiterin der Schule für medizinisch-technische Radiologieassistenten am Universitätsklinikum Essen, ausführliche Antworten.

Welches Detektorsystem nutze ich?

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Ute Zillmann, Leiterin der Schule für medizinisch-technische Radiologieassistenten am Universitätsklinikum Essen.

In der heutigen Praxis kommen entweder Speicherfolien- oder Flachbilddetektoren zum Einsatz, die sich primär im Hinblick auf Dosisbedarf und Bildqualität unterscheiden. Die Flachbilddetektoren haben ihre Anfangsbeschränkungen überwunden, sie sind mittlerweile auch mobil geworden, universeller einsetzbar und – was den Dosisbedarf anbelangt – besser als die Speicherfolie. „Allein auf der Station ist es weiterhin einfacher, mit der Speicherfolie zu röntgen, und von den Anschaffungskosten ist dieses System günstiger. Dafür können die Flachbilddetektoren die Röntgenstrahlen besser ausnutzen. Die detektive Quanteneffizienz (DQE) liegt bei Flachdetektoren bei 80 Prozent, während sie bei den ersten Speicherfolien bei 25 und heute bei etwa 60 Prozent liegt“, schildert Ute Zillmann.

Die Unterschiede in der räumlichen Auflösung zwischen den beiden Detektorsystemen sind nicht ganz so erheblich. Die Grenzauflösungen bei der Speicherfolie liegen bei 2,5 Linienpaaren, im besten Fall bei 3, bei den Flachdetektoren hingegen bei 3,6 Linienpaaren pro Millimeter. Insgesamt gilt: Je mehr Linienpaare pro Millimeter differenzierbar sind, desto besser ist die Auflösung.

Bildentstehung und -verarbeitung

Die Grenzen der Veränderung sind verhältnismäßig weit gesteckt.

Ute Zillmann

Die MTRA muss auch wissen, wie das digitale Bild zustande kommt beziehungsweise welche Auswirkung die Nachbearbeitung eines Bildes hat. Die unterschiedlichen Schwächungen von Röntgenstrahlen, hervorgerufen durch den Patienten und die Einblendung, werden im Detektor in Form elektrischer Impulse auf einer Matrix abgebildet. „Nun ist zunächst entscheidend, dass der Computer dieses elektronische Bild auf der Matrix erkennt: Wo liegt das darzustellende Objekt, zentral oder dezentral? Oder ist das Objekt in irgendeiner Form ungleichmäßig eingeblendet, zum Beispiel durch hinzugefügte Bleiabdeckungen, die noch eingefahren sind? Der Computer muss also erst einmal die vielen Informationen auf der Matrix auf den entscheidenden Bereich – wie die Hand des Patienten – einengen“, sagt die Schulleiterin über die Felderkennung. Entscheidend sind dabei auch die Lagerung und die Aufblendung. All diese Informationen verarbeitet der Computer in einem Histogramm, das darstellt, welche Grauwerte in welcher Anzahl vorhanden sind – ohne eine direkte Bildzuordnung. Diese Grafik ist die Grundlage eines Bildes, aus dem dann die Darstellung eines Körperteils generiert wird.

Alle nachträglichen Bildveränderungen, die die MTRA vornimmt, beruhen auf der Veränderung dieses Histogramms. Es ist die Grundlage eines Bildes und die Basis für Nachbearbeitungen. Die MTRA muss wissen, was passiert, wenn sie den Feldrand weiter einrückt oder kollimiert, auf welcher Grundlage das geschieht und was damit ebenfalls angepasst wird. Zillmann: „Die Grenzen der Veränderung sind verhältnismäßig weit gesteckt. Die MTRA muss die Bildbewertung und -beurteilung selbstständig durchführen, dafür ist sie eigenverantwortlich tätig.“ Die häufigsten Nachbearbeitungen sind übrigens Kontrastveränderungen und eine Kollimation.

Strahlenschutz und Bildqualität, MTA-Dialog 5 (2012).
Strahlenschutz und Bildqualität, MTA-Dialog 5 (2012).

Warum brauche ich einen Dosisindikator?

Der Dosisindikator ist die Angabe der Dosis, die vom Detektor aufgenommen werden sollte, um ein ideales Bild zu erstellen. Dieser Wert, dessen Berechnungsalgorithmus vom Gerätehersteller vorgegeben wird, ist wichtig, weil es beim digitalen Röntgen keinen Bezug mehr zwischen Bildhelligkeit und Dosis gibt. Früher, beim Filmfoliensystem, konnte die MTRA an der Belichtung eines Bildes die Detektordosis erkennen. In der Digitaltechnik gibt es keine Über- oder Unterbelichtung mehr, sondern die Bilder werden mit einer immer gleichbleibenden Helligkeit geliefert. „Aufgrund der Signalnormierung kann die MTRA nicht mehr sagen, ob sie eine notwendige oder sogar eine überproportionierte Strahlendosis gegeben hat. Deshalb gibt es den Dosisindikator, der uns hilft, unsere Arbeit zu optimieren. Liegt die Dosis über dem Indikatorwert, kann das in einem Fehler des Systems oder in der Arbeitsweise der MTRA, zum Beispiel durch eine unzureichende Lagerung des Patienten, begründet sein. Um einen Optimierungsprozess einleiten zu können, muss die MTRA die Werte, die sie bekommt, interpretieren können“, so die Schulleiterin. Dabei dürfte hilfreich sein, dass die Hersteller sich derzeit bemühen, einen einheitlichen Dosisindikator zu initiieren und flächendeckend einzuführen, was in Zukunft insbesondere Geräteumstellungen erleichtern wird.

Profil:
Ute Zillmann hat die Grundlagen als MTRA an der Schule des Universitätsklinikums Aachen gelernt. Ihre Berufserfahrungen sammelte sie anfangs in der radiologischen Diagnostik, um sich dann im Herzkatheterlabor zu spezialisieren. Zwischenzeitlich absolvierte sie berufsbegleitend die Weiterbildung zur Lehrkraft für MTRA-Berufe. Seit 1995 arbeitet sie im Universitätsklinikum Essen – zunächst in der Neuroradiologie und in Folge als Lehrkraft im Fachbereich Radiologische Diagnostik in der MTRA-Schule des Hauses. An der Universität Bielefeld hat sie nebenberuflich das Studium in Health Communication (B. Sc.) erfolgreich abgeschlossen und führt das Zertifikat Qualitätsmanagement. Seit 2011 leitet sie die Schule für medizinisch-technische Radiologieassistenten am Universitätsklinikum Essen und unterrichtet weiterhin im Fachbereich Radiologische Diagnostik.

Veranstaltungshinweis
Raum: Tagungsraum 1 + 2
Freitag, 30.10.2015, 10:30 Uhr
Digitale Detektorsysteme
Ute Zillmann, Essen
Session: MTRA-Fortbildung

27.10.2015

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