Kopf-Hals-Tumor: Erhöhung der Überlebenschance bei älteren Patienten

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Kopf-Hals-Tumor: Erhöhung der Überlebenschance bei älteren Patienten

Sollten über 70-jährige Patienten mit Kopf-Hals-Karzinomen eine aggressive, kombinierte Strahlen- und Chemotherapie erhalten? Diese Frage ist bei Betroffenen, Angehörigen und auch in Fachkreisen umstritten.

Eine groß angelegte, internationale Studie unter der Beteiligung der Universitätsmedizin Leipzig belegt die Wirksamkeit dieser kombinierten Behandlung bei Patienten höheren Lebensalters. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachmagazin JAMA Network Open veröffentlicht.

Der Anteil älterer onkologischer Patienten nimmt aufgrund der demographischen Entwicklung stark zu. Die Behandlung des Krebsleidens erfolgt gegenüber jüngeren Betroffenen sehr individuell aufgrund von häufigeren und teilweise schweren Begleiterkrankungen, altersbedingt zunehmender Gebrechen und geringeren körperlichen Ressourcen. Hinzu kommen behandlungsbedingte Nebenwirkungen, welche für die Lebensqualität ebenfalls zu berücksichtigen sind. Der Behandlungsstandard bei Kopf-Hals-Tumoren ist entweder die operative Tumorentfernung mit anschließender Strahlentherapie oder eine organerhaltende Strahlentherapie in Kombination mit einer Chemotherapie. Insbesondere der Einsatz einer begleitenden Chemotherapie ist wegen der körperlichen Strapazen und Nebenwirkungen bei älteren Patienten sehr umstritten. Studiendaten zur optimalen Behandlung sind bisher kaum vorhanden.

Zwei Behandlungsvarianten im Vergleich

Bei Strahlentherapie kombiniert mit der Einnahme des Wachstumsfaktor-Antikörpers zeigte sich im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit Strahlentherapie dagegen kein Überlebensvorteil.

Prof. Dr. Dr. Nils Nicolay

Eine internationale Studie an zwölf Universitätskliniken in Europa und den USA hat untersucht, inwieweit ältere Kopf-Hals-Tumorpatienten von einer kombinierten Strahlen- und Chemotherapie einerseits oder einer alternativen medikamentösen Therapie mit einem Antikörper gegen einen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) andererseits profitieren. Die klinische Studie zeigt, dass die Hinzunahme einer Chemotherapie zur Strahlentherapie mit einer besseren Überlebenswahrscheinlichkeit einhergeht im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie. Dieser Vorteil war besonders ausgeprägt bei Patienten zwischen 65 und 79 Jahren sowie bei Betroffenen mit gutem Allgemeinzustand und wenigen Begleiterkrankungen. „Insbesondere fitten älteren Patienten mit geringen Nebenerkrankungen sollte diese effektive Therapie nicht allein aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters vorenthalten werden,“ erläutert Studienleiter Prof. Dr. Dr. Nils Nicolay und führt weiter aus: „Bei Strahlentherapie kombiniert mit der Einnahme des Wachstumsfaktor-Antikörpers zeigte sich im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit Strahlentherapie dagegen kein Überlebensvorteil.“

Internationale Register für ältere Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren in Arbeit

Um das herauszufinden, analysierten die Forscher Daten von 1.044 älteren Patienten mit einem Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinom der Mundhöhle, des Rachens oder Kehlkopfes, welche im Zeitraum von 2005 bis 2019 mit einer Strahlentherapie und gegebenenfalls in Kombination mit einem Medikament behandelt wurden. Aktuell wird unter Federführung der Universitätsmedizin Leipzig der Aufbau eines prospektiven internationalen Registers für ältere Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren vorbereitet. Bereits mehr als 20 Zentren aus Europa, den USA und Australien haben ihr grundsätzliches Interesse bekundet, daran mitzuwirken. In diesem Register sollen neben den onkologischen Daten weitere Parameter erhoben werden, darunter eine umfassende geriatrische Beurteilung, Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität und zur Häufigkeit von sogenanntem Entscheidungsbedauern, also dem Bedauern des Betroffenen, diese Therapie gewählt zu haben. „In Zusammenarbeit mit anderen internationalen Arbeitsgruppen sollen zusätzlich Modellierungen der erhobenen biologischen Parameter erfolgen, um künftig besser vorhersagen zu können, welche älteren Patienten von einer kombinierten Strahlen- und Chemotherapie profitieren würden,“ erklärt Dr. Alexander Rühle, Erstautor und Co-Studienleiter der Studie. „Außerdem sollen Werkzeuge entwickelt werden, die auf der Basis der individuellen Patientendaten eine gemeinsame Therapieentscheidung erleichtern sollen“, ergänzt Professor Nicolay.


Quelle: Universität Leipzig

30.04.2023

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