News • Krebsforschung

"Umprogrammierte" Fettzellen unterstützen Tumorwachstum

Mutationen des Tumorsuppressors p53 wirken nicht nur auf die Krebszellen selbst wachstumsfördernd, sondern beeinflussen auch die Zellen in der Mikroumgebung des Tumors.

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Der Tumorsuppressor p53 (blau) bindet an die DNA

Bildquelle: Thomas Splettstoesser, P53, CC BY-SA 3.0

Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und im israelischen Weizmann Institut zeigen nun, dass p53-mutierte Brustkrebszellen der Maus Fettzellen umprogrammieren. Die so manipulierten Fettzellen schaffen eine entzündliche Mikroumgebung, beeinträchtigen dadurch die Immunantwort gegen den Tumor und fördern so das Krebswachstum. 

Die Erkenntnisse wurden im Fachjournal PNAS veröffentlicht

Kein anderes Gen ist in menschlichen Tumoren so häufig mutiert wie die Erbanlage für den Tumorsuppressor p53. In rund 30% aller Fälle von Brustkrebs weisen die Krebszellen Fehler oder Verluste im p53-Gen auf. Diese Mutationen schränken die Fähigkeit der „Krebsbremse" p53 ein, die Entstehung und das Fortschreiten von Krebs zu verhindern. Während die Einflüsse der p53-Mutationen in den Krebszellen selbst bereits intensiv erforscht sind, wächst erst langsam das Verständnis dafür, dass p53-Mutationen der Krebszellen sich auch auf Zellen der Mikroumgebung des Tumors auswirken können – und dadurch das Krebswachstum zusätzlich antreiben.

Ein Forscherteam um Almut Schulze vom DKZF und Moshe Oren vom Weizmann-Institut untersuchte, welche Effekte p53-Mutationen in Brustkrebszellen auf die Fettzellen, so genannte Adipozyten, im Brustgewebe haben. Während des Fortschreitens einer Brustkrebserkrankung machen die Adipozyten, eine der Hauptzellarten im Brustgewebe, eine Verwandlung durch. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass dadurch die Aggressivität und die Therapieresistenz der umgebenden Brustkrebszellen gesteigert wird. 

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Das Team um Schulze und Oren wies nun an Adipozyten aus dem Brustgewebe der Maus nach: Die krebsfördernden Eigenschaften der Adipozyten werden potenziert, wenn die Brustkrebszellen p53-Mutationen tragen. Die Forschenden behandelten unreife Adipozyten mit Kulturmedium, in dem zuvor Brustkrebszellen mit oder ohne p53-Mutationen gewachsen waren. Diese Behandlung löste in den Fettzellen tiefgreifende Änderungen des Stoffwechsels und der Genaktivität aus und steigerte die Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen. Das Ausreifen der Adipozyten wurde verhindert, ausgereifte Fettzellen dagegen wieder in ein unreifes Stadium zurückversetzt. Diese Effekte fielen nach Behandlung mit Zellkulturmedien von Brustkrebszellen mit funktionierendem p53 nur milde aus, bei Medium von Krebszellen mit mutiertem p53 dagegen sehr deutlich.

Fettzellen sind ein ganz wesentlicher Bestandteil des Brustgewebes und können daher das Tumorgeschehen massiv beeinflussen

Almut Schulze

Anschließend übertrugen die Forschenden Brustkrebszellen mit mutiertem oder funktionalem p53 zusammen mit vorbehandelten Fettzellen auf Mäuse und verglichen die entstehenden Tumoren. War p53 in den Krebszellen mutiert, stieg die Anzahl immunsuppressiver myeloischer Zellen im Tumor. Die eingewanderten Immunzellen trugen mehr PD-L1 auf ihrer Oberfläche, das als potente Bremse der Immunabwehr von Tumoren wirkt. 

Ein besonders überraschendes Ergebnis war, dass Brustkrebszellen mit bestimmten p53-Mutationen – direkt oder indirekt – benachbarte Vorläufer-Fettzellen noch stärker entzündungsfördernd umprogrammieren konnten als Krebszellen, die den Tumorsuppressor p53 komplett verloren hatten. 

„p53-Defekte in Brustkrebszellen scheinen der zentrale Treiber der tumorfördernden Umprogrammierung der Fettzellen zu sein", fasst Almut Schulze zusammen, die die Studie gemeinsam mit Moshe Oren geleitet hat. „Fettzellen sind ein ganz wesentlicher Bestandteil des Brustgewebes und können daher das Tumorgeschehen massiv beeinflussen. Ein detailliertes Verständnis der Wechselwirkung von p53-mutierten Krebszellen und Adipozyten könnte neue Anhaltspunkte dafür liefern, wie sich das Fortschreiten von Brustkrebs aufhalten lässt." 


Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum

04.01.2024

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