Artikel • Prostatakrebs

Prostatadiagnostik clever(t) fusioniert

Mit zunehmendem Alter erkrankt statistisch jeder vierte Mann in Deutschland an Prostatakrebs, mit einer Sterberate von 60.000 Patienten pro Jahr.

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Priv.-Doz. Dr. Dirk-André Clevert

Was ist da naheliegender, als die Therapie zu verbessern, indem man die Stärken der einzelnen Modalitäten miteinander kombiniert, fragt Priv.-Doz. Dr. Dirk-André Clevert, Leiter des Interdisziplinären Zentrums am Institut für Klinische Radiologie und Ultraschallexperte am Klinikum der Universität München.

Die Verbindung von transrektalem Ultraschall mit Kontrastmittel und MRT-Diagnostik bringt seiner Meinung nach große Vorteile. Allerdings gibt es weiteres Entwicklungspotenzial für die Bildfusion, gesetzt den Fall, die Industrie zieht mit.

Das Restrisiko für einen nicht entdeckten Tumor ist bei der Prostatadiagnostik nicht zu unterschätzen, denn manche Stellen sind schwer abgrenzbar. Die bisherigen Untersuchungsmethoden MRT und Ultraschall bieten jeweils Stärken und Schwächen. Das Zusammenspiel der Modalitäten ist daher laut Clevert entscheidend: „Hier ergänzt sich der Vorteil des kontrastverstärkten Ultraschalls oder sogar der Elastographie mit der guten Auflösung, die die MRT-Bildgebung zu bieten hat.“

Eine Methode, mit der gleich mehrere Tumorherde diagnostiziert werden können

Dirk-André Clevert

Zur guten Nachricht gesellt sich allerdings die schlechte: Es herrscht ein Manko an passenden hochauflösenden transrektalen Schallköpfen, die mit der Bildfusion kombiniert werden können, und vor allem fehlt es an targetspezifischen Kontrastmitteln, den sogenannten Microbubbles. Diese befinden sich aktuell in der klinischen Entwicklung. Sie docken ausschließlich an den VEGF-2-Rezeptoren, die in einem besonders hohen Maß bei Tumorgefäßen überexprimiert werden, wie zum Beispiel beim Prostatakarzinom. Das targetspezifische Kontrastmittel wird durch diese Rezeptorbindung an den Gefäßwänden festgehalten und durch ein deutliches Leuchten für den behandelnden Arzt sichtbar gemacht.

Die Rezeptoren sind per se nicht tumorspezifisch, doch durch die hohe Dichte an Rezeptoren im Tumor aufgrund der vermehrten Angiogenese ist die Diagnostik mit den Microbubbles eindeutig. „Das ist so, als würde ich einen Lichtschalter betätigen und an einigen Stellen kommt plötzlich Licht ins Dunkel“, so Clevert, „eine Methode, mit der gleich mehrere Tumorherde diagnostiziert werden können.“ Für den Radiologen ist damit die Entscheidung für eine Untersuchungsmethode ziemlich eindeutig: „Vor die Wahl gestellt, sich ein Kontrastmittel spritzen und checken zu lassen, ob etwas nicht in Ordnung ist, oder sich in die Prostata stechen zu lassen, wird sich der Großteil der Männer für die erste Variante entscheiden. Zwar muss bei einem Positivbefund dann auch biopsiert werden, allerdings kann die Diagnostik im Vorfeld optimiert werden. So ersparen wir vielen Patienten eine sehr unangenehme Untersuchung.“ Auch besteht die Hoffnung, dass aktuelle Studien belegen werden, dass es mithilfe der Fusionsbildung zu keinen falsch-positiven Befunden mehr kommen kann und sich dadurch eine fast 100-prozentige diagnostische Sicherheit einstellen wird.

Einige namhafte Hersteller haben sich schon in diesen Markt gewagt und erste Produkte vorgestellt, wie Bracco, die in ihrem Forschungslabor in Genf an den Microbubbles arbeiten. „Die Optimierung der Prostatadiagnostik ist aus meiner Sicht ein längst überfälliges und sinnvolles Ziel. Denn speziell dieses Organ stellt uns immer noch und immer wieder vor Herausforderungen“, so Clevert.


Profil:

Der 44-jährige Priv.-Doz. Dr. Dirk-André Clevert begann seine berufliche Laufbahn am MRT-Diagnostik-Institut Westend in Berlin und in der Abteilung Innere Medizin am Waldkrankenhaus Gransee. Danach war er drei Jahre lang Assistenzarzt in der Radiologischen Abteilung des Klinikums Passau. 2003 siedelte der waschechte Berliner nach München um. Von der ersten Stunde an betreute er das im August 2004 gegründete Interdisziplinäre Ultraschall- Zentrum am Klinikum der Universität München-Großhadern, an dem die Ultraschallaktivitäten des Hauses zusammenlaufen. Als Kursdirektor organisiert er zahlreiche nationale und internationale Ultraschallkurse. Clevert ist außerdem Vizepräsident der Europäischen Gesellschaft für klinische Mikrozirkulation und Hämorheologie (DGKMH).

30.05.2013

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