Von Molekülen und Zellen

Funktionelle und molekulare Bildgebung bei Brusttumoren

An der Entstehung eines Mammakarzinoms sind die verschiedensten Prozesse beteiligt wie Perfusion, Wachstumsstrukturen, Veränderungen des Gefäßaufbaus etc. Um diese unterschiedlichen Parameter sichtbar zu machen, braucht es mehr als nur eine bildgebende Methode. Die rein morphologische Darstellung in der Mammographie reicht hierzu nicht aus. Die MR-PET dagegen erreicht eine Qualität in der Brustbildgebung, die die Biochemie und Molekularstruktur von Tumoren in zuvor nicht gekannter Form zeigt.

Multimodales Brustbild: In der koronaren hochaufgelösten kombinierten...
Multimodales Brustbild: In der koronaren hochaufgelösten kombinierten Hochfeld-(3-T-) PET-MRT zeigt sich eine initial kräftig Kontrastmittel aufnehmende und deutlich FDG-avide Herdläsion im oberen äußeren Quadranten der rechten Brust, was auf Bösartigkeit hinweist.
Multimodales Brustbild: In der koronaren hochaufgelösten kombinierten...
Multimodales Brustbild: In der koronaren hochaufgelösten kombinierten Hochfeld-(3-T-) PET-MRT zeigt sich eine initial kräftig Kontrastmittel aufnehmende und deutlich FDG-avide Herdläsion im oberen äußeren Quadranten der rechten Brust, was auf Bösartigkeit hinweist.

Voraussichtlich wird die kontrovers geführte Diskussion um die MR-PET-Technologie noch eine Weile dauern. Dennoch zeigen aktuelle Entwicklungen, dass es sich hier durchaus um ein Kombinationsverfahren mit großem Potential, z.B. für die onkologische Bildgebung, handelt. Zu diesen Vorboten gehören erste wissenschaftliche Publikationen, die vielversprechende Resultate zur Sensitivität und Spezifität des MR-PET beim Mammakarzinom vorstellen, oder auch gerätetechnischen Neuerungen wie der Launch des ersten integrierten PET-MR-Systems von Siemens Medical auf dem RSNA 2010. Ein weiteres Zeichen für die langsame Etablierung der MR-PET in der Mammadiagnostik ist die Welle von dedizierten PET-Geräten der Brust (PEM = Positronenemissionsmammographie), die aus den USA auf den internationalen Markt schwappen.

Einen weiteren Pionierschritt wagt man zurzeit in der Abteilung für Molekulare und Genderspezifische Bildgebung der Universitätsklinik für Radiodiagnostik, Wien, unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Thomas Helbich. Hier wurden in einem Forschungsprojekt bereits ca. 80 Patientinnen mit multiparametrischer MRT – sprich, MR-Spektroskopie, Diffusions- und Perfusionsbildgebung – in Kombination mit nuklearmedizinischer PET-Bildgebung untersucht. Mithilfe des multimodalen Bildgebungskonzepts lassen sich funktionelle und morphologische Veränderungen im Tumorgewebe nun von allen Blickwinkeln beleuchten und damit der Verdacht auf ein hochaggressives, malignes Wachstum noch sicherer bestätigen.

Um die Bildakquisition noch weiter zu verbessern, wurde bei der Studie mit einer dedizierte Brustspule gearbeitet. Damit lassen sich die Bilder aus MR und PET koregistrieren. Die ersten Ergebnisse aus der laufenden Studie lassen hoffen, so Prof. Helbich: „Für uns hat sich bestätigt, dass MR und PET sich hervorragend ergänzen. Einer von vielen Vorteilen der PET-Untersuchung ist, dass die Lymphknoten der Axilla während einer Sitzung beurteilt werden können. In der MR war dies aus methodischen Gründen bisher nur an Hand von Größenparametern möglich. Mit den PET-Tracern werden wir immer präziser bis hin zur molekularbiologische Zellebene.“

Die rasche Entwicklung neuer Non-FDG-Tracer erlaubt einen noch genaueren Nachweis bestimmter Tumorcharakteristika. Diese spezifischen Radiotracer umfassen vor allem die Gruppe der Hormonrezeptoren wie z.B. HER2, EGFR, IGF-1R und PDGF, aber auch Wachstumsfaktoren wie VEGF (vaskulärer endothelialer Wachstumdsfaktor) und TGF-ß (transformierender Wachstumsfaktor-ß). Ihre pharmazeutische Entwicklung findet außerdem sehr viel schneller Eingang in die klinische Praxis als MR-Kontrastmittel. „Wenn wir uns die Frage stellen, was wir bis dato darstellen können, dann kommen wir etwa auf 30 Nachweiskriterien. Etwa 5 bis 7 davon schafft das MR, die restlichen Bewertungseinheiten leisten die verschiedenen PET-Tracer. Wenn wir einen Weg finden, mittels PET nicht nur einen Tracer zu injizieren, sondern vielleicht auch zwei mit unterschiedlicher Halbwertszeit, dann hätten wir die Möglichkeit, systematisch verschiedene Parameter innerhalb kürzester Zeit zu messen“, kommentiert Helbich.

Den derzeitigen Goldstandard in der Mammabildgebung, die konventionelle Mammographie, wird die Positronenemissionsmammographie jedoch nicht so schnell ablösen, meint Helbich: „Die Mammographie ist eine der wenigen Screeningmodalitäten, die weltweite Akzeptanz genießt. Gleichzeitig steigt jedoch die Zahl der Forschungsberichte, die zeigen, dass der MR gerade in der Detektion kleinster Tumorherde bei Hochrisikopatientinnen der Mammographie weit überlegen ist.“ Sein abschließendes Fazit lautet deshalb: „MR-PET wird die Mammographie nicht so schnell ersetzen, aber die multiparametrische und multimodale molekulare Bildgebung hat sicherlich großes Potential in der modernen Brustdiagnostik. Denn mit ihr erhalten wir eine Vielzahl an Informationen über die Tumorbiologie, die zu verbesserten Brustdiagnostik, Staging und Therapiemonitoring führen.“
 

 

Im Profil

Univ.-Prof. Dr. Thomas Helbich leitete von 2007 bis 2008 das Breast Imaging Department an der Universität von Toronto, eines der weltweit größten Zentren für Mammadiagnostik. Danach kehrte er an die Universitätsklinik für Radiodiagnostik in Wien zurück und übernahm zum 1. Oktober 2008 die Professur für Molekulare Bildgebung und zusätzlich die Funktion des Stellvertretenden Vorstands der Klinik. Derzeit ist er Präsident der Österreichischen Senologischen Gesellschaft und European Society of Breast Imaging (EUSOBI). Sein Forschungsschwerpunkt betrifft den Bereich Molekulare Bildgebung mit dem Schwerpunkt „Women‘s Imaging“.

18.01.2011

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